Willkommen in Deutschland – fast täglich bin ich mit der Frage konfrontiert: duzen oder siezen? Das beschäftigt mich, wenn ich privat unterwegs bin, beruflich neue Kontakte schließe oder Kunden im Recruiting-Alltag begleite.
Nicht in jeder Sprache gibt es den Unterschied zwischen der „Höflichkeitsform“ und der „Umgangsform“ und in noch weniger Ländern, wird in der Praxis noch unterschieden. Die Aussage: „Ach ihr seid die, die immer noch zwischen der formellen und der informellen Anrede unterscheiden – warum eigentlich?“, ist uns bestimmt bekannt. Und die Frage ist berechtigt, warum eigentlich?
In vielen Situationen ist es nicht einfach zu entscheiden, wann ein „Du“ oder ein „Sie“ angebracht ist. Das betrifft sowohl den privaten als den beruflichen Bereich.
Schon als Kind lernen wir, dass wir fremde und insbesondere ältere Menschen siezen. Spätestens nach der Grundschule gibt es kein „Frau Müller kannst Du mal….“ mehr und alles was danach kommt ist nur noch „Sie“. In der Oberstufe werden die Schüler gefragt, ob sie geduzt oder gesiezt werden wollen, in der Uni ist es schon gesetzt. In meiner Erinnerung wurde das „Du“ immer nur angeboten, wenn eine professionelle Hürde überwunden wurde: Abi Zeugnis in der Hand, Feierabendbier mit den Dozenten, gewisse Zeit im Praktikum oder Job. Ich denke, jeder kennt die komische Situation jemanden zu duzen, den man jahrelang gesiezt hat. Oder jemanden zu siezen, der einem nie das „Du“ angeboten hat und es fühlt sich trotzdem komisch an.
Die Frage die sich hier jedoch stellt: welche Vorteile bringt siezen überhaupt und ist das nicht schon lange überholt?
Siezen drückt eine gewisse Distanz zum Gegenüber aus, z.B. alters- oder positionsbedingt. Man signalisiert, dass man sich (noch) nicht gut kennt und es wirkt respektvoll und förmlich.
Auf der anderen Seite kann siezen aber auch ablehnend oder altmodisch wirken. Insbesondere wenn Unterschiede in den selben Personenkreisen (beispielsweise alle Kollegen duzen bis auf ein paar) gemacht werden oder aus Prinzip alle zu siezen und das nie abzulegen.
Das „Du“ hingegen wirkt vertrauter und persönlicher. Aber bedeutet das im Umkehrschluss, dass es nicht respektvoll und förmlich sein kann?
Bevor ich bei Cammio angefangen habe, habe ich grundsätzlich jeden gesiezt. Ob die Eltern meiner Freundinnen, Leute auf der Straße oder im Café oder Kunden mit denen ich zusammengearbeitet habe.
Seit meinem Bewerbungsprozess bei Cammio hat sich das geändert: Cammio ist ein holländisches Unternehmen und wie wir alle wissen, machen die Holländer vieles anders. Nachdem ich von allen Seiten direkt geduzt wurde und in den Mail Adressen per se keinen Nachnamen gefunden habe, habe ich das „Du“ ebenfalls übernommen. Die Gespräche waren direkt viel offener und persönlicher, aber keinesfalls weniger respektvoll oder förmlich – es war immer noch ein Vorstellungsgespräch. Auch in meinem Tagesgeschäft mit den Kunden bin ich schnell von „Sie“ auf „Du“ umgestiegen – nicht mit jedem, aber bei vielen.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass die „Umstellung“ für mich groß war. Manchmal fühlt sich das „Du“ richtig an, manchmal bleibe ich bei meinem gewohnten Muster. Insgesamt finde ich aber, dass es entspannter und moderner ist, das förmliche Deutsch abzulegen, weil ich nicht das Gefühl habe, in irgendeiner Form die Höflichkeit aufzugeben.
Auch die externe Kommunikation von Cammio hat sich geändert, während bislang noch alles in „Sie-Form“ war, wird bei Newsletter- und Eventcontent schon geduzt, so auch in unseren Blogbeiträgen.
Und auch unsere Kunden haben seit einigen Monaten die Möglichkeit die Video-Interviews mit „informal“ oder „formal“ Deutsch aufzusetzen.
Was denkt Ihr? Duzen oder Siezen? Und wie handhaben das eigentlich die Unternehmen derzeit?
In meinem nächsten Blog-Beitrag möchte ich mir das näher anschauen.
Und bis dahin…
HAPPY HIRING
(auf Englisch ist doch eh alles leichter)